Chancenbericht

  • Wachstumsoptionen werden über das Chancenmanagement der Gruppe identifiziert und im Rahmen von Planungsprozessen konkretisiert.
  • Akquisitionen bergen zusätzliche Potenziale.

Chancenmanagement

Unser Chancenmanagement ist Bestandteil des unternehmensinternen Steuerungssystems. Ziel ist es, Chancen möglichst frühzeitig zu erkennen und durch geeignete Maßnahmen zu nutzen. Das Management von Chancen ist in der ProSiebenSat.1 Group dezentral in den Geschäftsbereichen organisiert und wird von der Abteilung „Strategy & Operations“ unterstützt und koordiniert. Die Abteilung steht in engem Kontakt mit den einzelnen operativen Einheiten; so erhält sie einen detaillierten Einblick in die Geschäftssituation. Zudem dienen Markt- und Wettbewerbsanalysen sowie der Erfahrungsaustausch mit externen Experten als wichtige Quellen, um Wachstumsmöglichkeiten für die ProSiebenSat.1 Group zu identifizieren. Die definierten Chancen werden im Rahmen der Strategieplanung erfasst. Dabei werden die relevanten Wachstumsoptionen priorisiert, konkrete Ziele abgeleitet sowie Maßnahmen und Ressourcen zur operativen Zielerreichung festgelegt (Abb. 98).

Chancenmanagement (Abb. 98)

Chancenmanagement (Grafik)Chancenmanagement (Grafik)

Erläuterung wesentlicher Chancen

Chancen, deren Eintrittswahrscheinlichkeit wir als sehr hoch einstufen, haben wir bereits in unsere Prognose für 2017 und unsere Mittelfristplanung bis 2018 aufgenommen. Über diese Wachstumsmöglichkeiten berichten wir im Unternehmensausblick. Daneben existieren Potenziale, die bislang nicht bzw. nicht vollumfänglich budgetiert sind (Abb. 99). Diese könnten sich beispielsweise infolge strategischer Maßnahmen oder aus einer Veränderung der Rahmenbedingungen ergeben. Nachfolgend berichten wir über diese Chancen, sofern sie für den Planungszeitraum bis 2018 relevant und wesentlich sind.

Wesentliche zusätzliche Chancen (Abb. 99)

 

 

 

 

 

 

Eintritts­wahrscheinlichkeit

Veränderung ggü. Vorjahr

Unternehmensstrategische Entscheidungen:

 

 

>

Digitalisierung von TV-Werbung

Möglich

Unverändert

>

Einstieg in wachstumsstarke Geschäftsfelder durch Portfolioerweiterungen:

 

 

 

– M&A-Maßnahmen alleine oder mit strategischen Partnern

Möglich

Unverändert

 

– Vertrieb von eigenen physischen Produkten am Point of Sale

Möglich

Neu

Entwicklung der Rahmenbedingungen:

 

 

>

Konjunkturelle und branchenspezifische Daten oder regulatorische Änderungen

Möglich

Unverändert

Zusätzliche Chancen aus unternehmensstrategischen Entscheidungen

Soziale, technologische und wirtschaftliche Bereiche haben sich infolge der Digitalisierung signifikant verändert. Diese Entwicklung wird sich in den kommenden Jahren fortsetzen. Der Mediensektor war als einer der ersten Branchen von den Auswirkungen der Digitalisierung geprägt: Fernsehinhalte können unabhängig von Zeit und Ort abgerufen werden und finden neben dem TV-Bildschirm auf weiteren Geräten wie Smartphones oder Tablets statt. Die ProSiebenSat.1 Group treibt die Transformation von einem klassischen TV-Unternehmen zu einem Digitalkonzern mit einem diversifizierten Geschäftsportfolio deshalb seit 2009 konsequent voran. Dazu entwickelt die Gruppe neue Geschäftsmodelle, nutzt digitale Technologien und erschließt sich durch Akquisitionen zusätzliche Märkte.

Digitalisierung von TV-Werbung: Der ProSiebenSat.1-Konzern vernetzt sein Fernsehgeschäft konsequent mit digitalen Unterhaltungsmedien und baut so seine Reichweite aus. Mit seinen Tochterunternehmen SevenOne Media und SevenOne AdFactory ist der Konzern Deutschlands innovativster TV-Vermarkter und bietet seinen Kunden abgestimmte Kampagnen über alle Plattformen an — von TV über Online und Mobile bis Social Media. Dabei setzt ProSiebenSat.1 auf neue Technologien. Wir haben beispielsweise als erster TV-Konzern in Deutschland Addressable TV-Kampagnen über den technologischen Standard „Hybrid Broadcast Broadband TV“ (HbbTV) ausgestrahlt. Diese Werbespots kombinieren die hohe Reichweite des klassischen Fernsehens mit den Möglichkeiten digitaler Werbung: Dem zielgruppenorientierten bis hin zum geräteindividuellen Einblenden von Werbung (Targeting). Daraus eröffnen sich für ProSiebenSat.1 zusätzliche Wachstumsperspektiven.

Ein Beispiel ist Wetter-Targeting: Dabei leiten wir aus den anonymisierten IP-Adressen die Standortregion von internetfähigen Fernsehern ab und können so auf Basis von regionalen Wetterdaten Werbung im TV selektiv aussteuern — passend zur aktuellen Wettersituation in der jeweiligen Region. Künftig wollen wir im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten vermehrt Daten über unsere digitalen Plattformen und internetbasierte TV-Nutzung verwenden, um Zuschauer mit Werbung auf unseren Sendern noch individueller ansprechen zu können. In Abhängigkeit von der allgemeinen Marktentwicklung hat der Konzern für die kommenden Jahre ein Marktwachstum von bis zu 125 Mio Euro netto durch Addressable TV identifiziert, das bislang nur teilweise in unserem Budget reflektiert ist.

Einstieg in wachstumsstarke Geschäftsfelder durch Portfolioerweiterungen: Der Versandhandel wächst dynamisch. Laut der gemeinsamen Studie „Trends im Handel“ von EHI, HDI, Kantar TNS und KPMG wurden Ende 2015 in Deutschland bereits 12 Prozent des gesamten Einzelhandels via Versand umgesetzt; davon entfallen 90 Prozent auf das Internet. Dies entspricht einem Umsatz von knapp 47 Mrd Euro.

Die ProSiebenSat.1 Group erweitert ihr Portfolio, um möglichst stark am wachsenden Online-Handel zu partizipieren. Zugleich vertikalisiert ProSiebenSat.1 die Wertschöpfungskette mit dem Ziel, vermehrt eigene Produkte anzubieten und die gesamte Handelskette abzubilden, sowohl digital als auch offline. Strategisch besonders relevant sind für ProSiebenSat.1 Produkte und Dienstleistungen, die sich wertsteigernd über das Breitenmedium TV vermarkten und besonders gut mit dem bestehenden Digitalportfolio vernetzen lassen. Dies ist ein wichtiger Grundpfeiler unserer M&A-Strategie.

Der Konzern bündelt seine Commerce-Beteiligungen nach Themenfeldern in vier Verticals (Abb. 100), daraus ergeben sich Umsatz- und Kostensynergien. Gleichzeitig steigert der Konzern durch TV- und Online-Werbung die Umsätze seiner Beteiligungen bei relativ geringen Marketingkosten und ohne hohe Cash-Investitionen schnell und effektiv. Das Digital-Commerce-Portfolio war 2016 der wichtigste Umsatztreiber des Konzerns. Die erfolgreiche M&A-Strategie, die auf Synergien zwischen TV- und Digital-Assets setzt, hat das Gewinnwachstum des Konzerns nachhaltig gestärkt.

Digital-Commerce-Portfolio (Abb. 100)

Digital-Commerce-Portfolio (Logos)Digital-Commerce-Portfolio (Logos)

Während das Unternehmen in den vergangenen Jahren sein Digitalportfolio insbesondere durch kleinere Beteiligungen oder über Media-for-Equity- bzw. Media-for-Revenue-Share-Partizipationen erweitert oder mit strategischen Partnern zusammengearbeitet hat, erfolgten seit dem zweiten Halbjahr 2015 mit etraveli, Verivox (beide 2015) und PARSHIP (2016) auch größere Akquisitionen. Diese Akquisitionen haben unser profitables Umsatzwachstum nochmals beschleunigt, sodass wir unsere mittelfristigen Umsatzziele im Oktober 2016 erneut angehoben haben. Konsolidierungseffekte aus M&A-Maßnahmen können dazu führen, dass wir Prognosen übertreffen; weitere M&A-Maßnahmen bergen folglich zusätzliche Chancen.

ProSiebenSat.1 hat im November 2016 über eine Kapitalerhöhung den finanziellen Spielraum für künftige Zukäufe im Digitalbereich erhöht und prüft kontinuierlich, ob sich attraktive Chancen für Akquisitionen oder Kooperationen bieten. Zudem wird der Konzern sein Synergiepotenzial noch stärker ausschöpfen und die Effizienz seiner Investments über Vernetzungen weiter steigern. Im Commerce-Bereich baut ProSiebenSat.1 dazu ein Ecosystem für Angebote rund um Lifestyle, Gesundheit und Wohlbefinden auf. Hier verfügt der Konzern bereits über ein diversifiziertes Portfolio; darin enthalten sind die Modeplattform Stylight, die Online-Parfümerie Flaconi oder die digitalen Fitnessangebote von 7NXT. Unser Lifestyle-Commerce-Geschäft entwickelt sich dynamisch und profitabel, mittelfristig erwarten wir einen durchschnittlichen Umsatzzuwachs von 20 bis 30 Prozent.

Ziel ist nun, Entertainment-Angebote aufzubauen, die optimal auf unsere Lifestyle-Produkte ausgerichtet sind und den Nutzer auf seiner Customer Journey begleiten — von der TV-Sendung bis hin zum Point of Sale. Dazu hat sich der Konzern 2016 an WindStar Medical beteiligt: Mehr als 300 Artikel der Unternehmensgruppe sind in den Gesundheitsregalen deutscher Händler vertreten. WindStar ist damit bereits ein führender Gesundheitsanbieter im deutschen Markt, die Markenbekanntheit lässt sich aber durch Werbung im reichweitenstarken Medium TV noch steigern. Weitere Portfolioerweiterungen werden folgen, um das vielfältige Spektrum der Konsumentenbedürfnisse abzudecken und alle Vertriebswege zu bedienen. Das Potenzial ist hoch, da Konsumenten und insbesondere die heranwachsende Kundengruppe der Digital Natives heute selbst bestimmen, wann und wo sie Angebote wahrnehmen oder Produkte kaufen. Damit reagiert ProSiebenSat.1 auf das veränderte Konsumentenverhalten: Commerce und Entertainment wachsen immer stärker zusammen, da verschiedene Medien und Kanäle parallel genutzt werden. Dies ist Kern unserer Omnichannel-Strategie.

Zusätzliche Chancen aus der Entwicklung von Rahmenbedingungen

Die deutsche Wirtschaft hat ihr moderates Wachstum 2016 fortgesetzt, wobei der private Konsum einen neuen Rekordwert markierte. Wir erwarten, dass sich die externen Rahmenbedingungen auch perspektivisch positiv entwickeln. Zugleich profitiert der TV-Werbemarkt von der digitalen Entwicklung: Werbetreibende verlagern ihre Budgets weiter von Print- zu Bewegtbild-Werbung. ProSiebenSat.1 hat in diesem Zusammenhang ein zusätzliches Marktpotenzial für TV-Werbung aus Print-Budgets von rund 2,5 Mrd Euro netto identifiziert. Vor diesem Hintergrund haben wir unseren Budgetplanungen für den deutschen TV-Werbemarkt ein Netto-Marktwachstum im niedrigen einstelligen Prozentbereich zu Grunde gelegt und rechnen auch für die kommenden Jahre mit stabilen Steigerungsraten von durchschnittlich 2 bis 3 Prozent in unserem Kernmarkt.

Eine positive Abweichung von dieser wichtigen Planungsprämisse könnte das profitable Wachstum der gesamten Gruppe beschleunigen. Darüber hinaus könnten sich regulatorische Änderungen positiv auf die Umsatzentwicklung auswirken. Zusätzliche Umsätze könnten sich für private Anbieter insbesondere aus einer Reduzierung von Werbung bei den öffentlich-rechtlichen Sendern ergeben. ProSiebenSat.1 hat in diesem Kontext ein zusätzliches Marktvolumen von bis zu 300 Mio Euro jährlich definiert; von einem Werbeverzicht der Öffentlich-Rechtlichen würde der Konzern als führendes Vermarktungsunternehmen deutlich profitieren.